Das Güterverkehrsaufkommen in Südwestfalen wächst und stellt vor dem Hintergrund maroder Brücken und eingeschränkt nutzbarer Infrastruktur alle am Transport Beteiligten zunehmend vor große Herausforderungen. Welchen Anteil kann die Eisenbahn im Mix der Verkehrsträger zur Entlastung der Straße und zuverlässigen Versorgung der Wirtschaft erbringen? Diese und weitere Fragen standen im Fokus der Veranstaltung „DIALOG.Schiene.Südwestfalen“ in Kreuztal. Vor dem Hintergrund der im nächsten Jahr bevorstehenden Inbetriebnahme des neuen Container-Terminals in Kreuztal war für die Veranstalter die Ortswahl gut getroffen. Zu der Gemeinschaftsveranstaltung hatten die KSW Kreisbahn Siegen-Wittgenstein GmbH, Hafen Hamburg Marketing e.V., DB Cargo AG, Bundesvereinigung Logistik e.V. Regionalgruppe Südwestfalen und die IHK Siegen in die Krombacher Erlebniswelt eingeladen. Rund 250 Vertreter aus Industrie, Handel, Verkehrswirtschaft sowie Verbänden und Institutionen nutzten die Gelegenheit, um sich über die Entwicklungschancen im Kombinierten Güterverkehr (KV) in der Wirtschaftsregion Südwestfalen zu informieren und auszutauschen.
Gastgeber und Referenten sprachen sich in ihren Beiträgen und der anschließenden Podiumsdiskussion unter anderem für eine schnelle Umsetzung des für den Kombinierten Verkehr nötigen „KV Profils 400“ aus, das die derzeit noch bestehenden Höheneinschränkungen durch zu geringe Tunnelquerschnitte beenden soll. Besonders „High Cube Container“ oder Einheiten mit größerer Ladehöhe könnten dann problemlos auf den, für die Verkehrsanbindung des neuen KV-Terminals in Kreuztal wichtigen, Ruhr-Sieg- und Sieg-Bahnstrecken in den Abschnitten Hagen-Siegen und Siegen-Troisdorf transportiert werden.
Den Betrieb des neuen KV Terminals übernehmen mit der Südwestfalen Container-Terminal GmbH (SWCT) die Gesellschafter KSW Kreisbahn Siegen-Wittgenstein GmbH (KSW) und die Kombiverkehr Deutsche Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH & Co. KG. Für Christian Betchen, Geschäftsführer KSW und SWCT, erhält die in Südwestfalen stark vertretene Montanindustrie mit dem neuen KV-Terminal in Kreuztal bessere Verlademöglichkeiten. Neben intermodalen Verbindungen zu den deutschen und internationalen Häfen werden nach seiner Überzeugung erstmals durch nationale KV-Verkehre und die Einbeziehung des Einzelwagenverkehrs auch leistungsstarke Transportkonzepte für die Wirtschaft im Drei-Länder-Eck Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz ermöglicht.
Die Gemeinschaftsveranstaltung DIALOG.Schiene.Südwestfalen brachte auch zahlreiche Unternehmensvertreter nach Kreuztal, die sich neben den Angeboten des DB-Einzelwagenproduktionssystems für intermodale Transportlösungen interessierten, die für Verlader ohne eigenen Gleisanschluss zugeschnitten sind. Erst durch das Container-Terminal Südwestfalen ergeben sich letztlich diese zusätzlichen Möglichkeiten für die Organisation von Transportketten in Richtung Seehafen Hamburg und andere Destinationen.
Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Siegen, wies darauf hin, dass Südwestfalen in NRW die Industrieregion Nr. 1 sei und verlässliche Routen für den Transport aller Güter für diese exportorientierte Wirtschaftsregion von zentraler verkehrs- und industriepolitischer Bedeutung sind.
„Mit der Betriebsaufnahme des KV-Terminals in Kreuztal im Frühjahr 2018 können dann erstmals auch die Unternehmen, die über keinen eigenen Gleisanschluss verfügen die Schiene nutzen. Neue Verlademöglichkeiten erhalten dann Konsumgüterhersteller, wie zum Beispiel die Krombacher Brauerei, oder Hersteller industrieller Halb- und Fertigerzeugnisse, wie beispielsweise Automobilzulieferer. Diesen Unternehmen steht mit dem Container-Terminal Südwestfalen direkt vor der Haustür eine leistungsfähige Umschlaganlage für Container, Wechselbrücken und Sattelauflieger im Kombinierten Verkehr Straße-Schiene zur Verfügung, die eine Kapazität von rund 45.000 Containern pro Jahr bietet“, erläuterte Gräbener.
Die Referenten Gunnar Platz, Geschäftsführer der PLANCO Consulting GmbH, Remo Piesker, Leiter Regional Sales Südwest bei DB Cargo AG und Armin Riedl, Geschäftsführer Kombiverkehr Deutsche Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr mbH & Co. KG, diskutierten unter anderem die Potenziale und Voraussetzungen für Bahnshuttle-Verkehre auf den Rhein querenden Relationen nach Kreuztal. Die in den Regionen entlang der Rheinschiene zunehmend auftretenden Verkehrsstaus beeinträchtigen massiv den Güterverkehr auf der Straße. Bahnshuttle-Verbindungen könnten nach Ansicht der Experten für Entlastung sorgen und rund 10.000 LKW Fahrten jährlich auf die Schiene verlagern helfen. Die Einrichtung von Containerdepots auf den KV Terminals und die Paarigkeit der Bahnshuttle-Verkehre werden als wichtige Rahmenbedingungen angesehen. Armin Riedl hob hervor, dass Kreuztal neben der Rheinstrecke der einzige Standort am südlichen Ende des Rhein-Ruhr-Gebietes sei, der mit dem „KV Profil 400“ das Handling von Megatrailern und High-Cube Containern erlaube. „Das neue KV Terminal in Kreuztal erhält mit Betriebsaufnahme Anschluss an unser internationales Direktzugnetz, das 190 Terminals in 30 Ländern Europas miteinander verbindet“, ergänzte Riedl. Diese und weitere Entwicklungschancen und Herausforderungen im KV mit der Region Südwestfalen wurden in der von Melanie Graf, character PR, moderierten Podiumsdiskussion diskutiert, an der auch Dr. Christian Grotemeier, Leiter Forschung und Veranstaltungen bei der Bundesvereinigung Logistik e.V. und Christian Betchen, Geschäftsführer der KSW, teilnahmen.
Aus Hamburger Hafensicht wird nach Auffassung von Axel Mattern, Vorstand Hafen Hamburg Marketing e.V., mit der Inbetriebnahme des neuen Container-Terminals in Kreuztal die Anbindung der Region Südwestfalen an Deutschlands größten Universalhafen ab Frühjahr 2018 enorm verbessert. Die Seehafen-Hinterlandverkehre des Hamburger Hafens werden von dem neuen KV-Terminal profitieren und zunehmen, ist auch Volker Hahn, Repräsentant des Hamburger Hafens in NRW überzeugt. „Mit einem jährlichen Verkehrsaufkommen von rund 500.000 TEU (20-Fuß-Standardcontainer) ist Nordrhein-Westfalen die zweitwichtigste Region im Container-Hinterlandverkehr des Hamburger Hafens. Verlader und Speditionen aus allen Regionen Nordrhein-Westfalens nutzen das dichte Netz an weltweiten Liniendiensten via Hamburg für die globale Verteilung von Im- und Exportwaren, darunter überwiegend Handels- und Kaufhausgüter, Metalle und Metallerzeugnisse, Maschinen und Ausrüstung, Fahrzeuge sowie Nahrungs- und Genussmittel“, sagte Hahn. Mit dem Kooperationsprojekt „Hamburg-NRWplus“ verfolgen seit März 2017 beide Bundesländer das Ziel, durch enge Zusammenarbeit Synergien und Wachstumspotenziale zur Förderung des Kombinierten Verkehrs besser zu erschließen. „Wir streben als Initiator dieses Projekts an, im Hinterlandverkehr des Hamburger Hafens mit NRW eine stärkere Verlagerung von Gütertransporten auf die Verkehrsträger Eisenbahn und Binnenschiff zu erreichen und damit die Straße zu entlasten“, ergänzte Hahn.
Gäste und Referenten der Veranstaltung waren sich zum Schluss darin einig, dass der zweite „DIALOG.Schiene.Südwestfalen“ ein Erfolg war und viele neue Ansätze, die zu einer Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene führen könnten, gebracht hat. In zwei Jahren will man sich wieder treffen um den Dialog nach der Betriebsaufnahme des Südwestfalen Container-Terminals fortzusetzen.